Lehm - ein Baustoff für Neu- und Altbau

Ich war gerade auf einem 2-tägigen Seminar zum Lehmbau in Weimar, von dem ich mit einem Koffer Motivation und neuem Wissen zurück komme. Auch wenn Lehmbau bisher noch eine Nische ist glaube ich an sein Comeback. Es ist ein so einfaches, gesundes und zirkulär anwendbares Material, was seit Jahrhunderten in Deutschland (und auch in vielen anderen Regionen der Welt natürlich) genutzt wird, zudem überall verfügbar ist – vielleicht sogar aus der eigenen Baugrube kommen kann – und auch für den Selbstbau geeignet ist.

Einige Schlüsselaussagen, die ich besonders wichtig oder auch nur interessant finde:

  • Nachhaltiges Bauen bedeutet auch materialgerechtes Bauen: auch Beton hat seinen Einsatzzweck, z.B. im Tiefbau. Wo nachhaltige Baustoffe verwendet werden können, die das gleiche Ergebnis erzielen können, sollte man jedoch diese bevorzugen.  Lehm kann nicht alles, aber doch sehr viel, und kann damit viele andere Materialien in den meisten alltäglichen Bauaufgaben ersetzen.

  • Es gibt mittlerweile sehr viele Firmen, die Lehmbauprodukte anbieten, so dass die Verwendung von Lehm einfacher und standardisierter wird. Lehm ist auch in den DIN Normen angekommen, so dass aus Lehm gebaute Bauvorhaben nun nicht mehr Pilotcharakter haben, sondern anerkannten Regeln der Technik folgen können.

  • Die Verwendung des Lehms aus der eigenen Baugrube ist möglich, aber wird eher bei kleinen Bauvorhaben und Firmen realistisch. Größere Firmen, die normalerweise größere Projekte durchführen, haben nicht die maschinelle Ausstattung, vor Ort die Bauteile und Baustoffe aus dem Lehm herzustellen. Hier wird dann eher auf Produkte zurückgegriffen. Vielleicht ändert sich das in Zukunft jedoch, hier schlummert auf jeden Fall ein hohes Potenzial für noch mehr Nachhaltigkeit.

  • Lehmbauprodukte unterliegen in Deutschland einer Art „Reinheitsgebot“. Im Gegensatz zu vielen anderen Materialien dürfen hier keine anderen nicht reversiblen Stabilisatoren wie Zement, Kalk oder Gips reingemischt werden. Das gilt jedoch nicht für Lehmfarbe - hier sind Dispersionsanteile erlaubt, weshalb abgeraten wurde, diese zu verwenden. Stattdessen sollte man eine Lehmdünnlagenbeschichtung, Kaseinfarbe oder Silikatfarbe (ohne Dispersion) verwenden.

  • Lehm ohne Zusätze kann so quasi unendlich oft weiterverwendet werden, auch auf der Baustelle gibt es keinen Müll. Lehmbauplatten können z.B. eingesumpft und als Lehmputz werdet werden.

  • Lehmputz und Lehmplatten können in den meisten Fällen Gipsputz und Gipskartonplatten im Trockenbau ersetzen. Mit diesen Einsatzbereichen hat Lehm das Potential, im konventionellem Bauen anzukommen, insbesondere wenn diese Produkte immer leichter verfügbar werden (z.B. im Baumarkt). 

  • Die Produkte sind mittlerweile ähnlich teuer wie konventionelle Bauprodukte. Teilweise gibt es aufgrund von Mehraufwand in der Verarbeitung jedoch noch Preisunterschiede, die aber immer geringer werden. Das bessere Raumklima durch den Lehmputz bieten jedoch einen echten Mehrwert. Zudem kann man den Lehmputz leicht selbst ausbessern.

  • Lehm filtert Schadstoffe (v.a. VOC) aus der Raumluft und baut diese ab, so dass sich diese auch nicht im Material anreichern.

  • Stampflehmbau fällt leider weiterhin in die Kategorie „Kunst am Bau“ aufgrund der enormen Kosten.  Eine Verwendung als sichtbare Außenwand ist möglich, aber aufgrund der Klimaveränderungen mit höheren Schlagregenvorfällen in den letzten Jahren ein unkalkulierbares Risiko. Die Kosten dürften für die meisten Bauherren auch nicht machbar sein. Daran ändert auch Vorfertigung von Wandabschnitten nichts – der Aufwand für die Herstellung ist weiterhin noch, und. hinzu kommen hohe Kosten für den Transport der wertvollen Teile.

  • Eine Interessante Alternative kann Wellerbau sein, welcher sehr verbreitet ist in Mitteldeutschland. Hier wird der Lehm erst angehäuft und die Wände dann rausgestochen mit einem Spaten. Die Wände sind sehr beständig gegenüber Erosion. Im Neubau wird sich dies jedoch eher nicht durchsetzen - die Gebäude müssen 1-2 Jahre austrocknen, Setzungen sind in dieser Zeit sehr wahrscheinlich. Aber vielleicht eine interessante Alternative für Gartenhäuser, Ställe, Garagen oder vielleicht sogar eingeschossige Wohngebäude?

  • Fun Fact: Es gibt ca. 2 Mio Fachwerkhäuser in Deutschland. Ein Fachwerkhaus zu sanieren ist nicht trivial und erfordert sorgfältige Planung, gute Handwerker und eine gute Bauüberwachung. 

Klingt Lehm interessant für eure Bauaufgabe? Ich berate euch gerne!

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Fun Facts Passivhaus